- Bericht 25 Lusaka (Sambia) - Windhoek (Namibia) 06.06.08 - 03.07.08; Kilometer: 13880 - 15460;

 

Von Lusaka aus ging es weiter in den Westen von Sambia. Die Fußball-Europameisterschaft kam immer näher und bestimmte so auch in den folgenden Wochen meinen Routenplan. Ich achtete darauf, dass ich immer zu den Deutschlandspielen in größeren Orten war, damit ich die Übertragungen verfolgen konnte. Zum Eröffnungsspiel traf ich in einer Hotelanlage in Kafue einen Deutschen, der sich dort mit seiner sambischen Frau zu Ruhe gesetzt hat. Das Spiel geriet in den Hintergrund, es gab einfach zu viel zu erzählen. Er hatte fast in allen Erdteilen als Ingenieur gearbeitet und wusste von den besten Tricks zu erzählen: wie man Alkohol in den Iran schmuggelt, seine Rente mit kleinen Geschäften in Sambia verbessern kann und wie man Taxifahrer vom korrekten Fahrpreis überzeugt. Nicht alle Ratschläge sollte man verfolgen, aber den Tipp, mit Gin in Dosen, auf denen große Schweineköpfe kleben und ursprünglich für Erbsensuppe mit Schweinefleisch bestimmt waren, den sollte man sich mal merken. Dass man aus Spiritus zur Not auch etwas Hochprozentiges machen kann sollte man vielleicht nicht unbedingt nachahmen.

Die Fußballbegeisterung war leider in diesem Teil Afrikas nicht besonders groß, so sah ich viele Spiele alleine oder mit ein paar Schwarzen, die eigentlich immer zu der scheinbar stärkeren Mannschaft hielten, oder aber das Team mit den meisten Premier-Legue-Spielern unterstützten. Nach dem Deutschland-Türkei-Spiel sagte mir einer: „ Ach weißt Du, ich gratuliere Dir zum Sieg, weil auch einer von meinen Spielern gewonnen hat.“ Ich fragte, „Du meinst weil Balack für Chealsea spielt?“ „Ja, die Blauen sind mein Team.“

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Die Landschaft hatte leider nicht allzu viel zu bieten. Meist bekam ich Busch zu sehen, so weit das Auge reicht. Da kam mir an einem Zeltplatz, 200 Kilometer östlich von Livingstone, ein Treffen mit einer Gruppe Kanadiern ganz gelegen. Die Gruppe junger Sportler hatte sich vorgenommen, Afrika joggend von West nach Ost zu durchqueren. Um die 4.200 Kilometer von Namibia nach Tansania zu bewältigen sind 100 Marathons geplant. 1.800 Kilometer hatten sie bis dahin schon hinter sich. Ich fühlte mich gut und da ich zu der Zeit aufgrund meines defekten Hinterrades keinen Mitfahrer mitnehmen konnte, beschloss ich es einfach mal anders herum zu machen und begleitete die drei Sportler für einen Tag. Es war nicht mein bester Marathon, aber ich war schon ein bisschen stolz auf mich, dass ich ihn aus dem Stand heraus geschafft habe. Das letzte Mal bin ich vor über einem Jahr gelaufen. Am nächsten Tag rächte sich dann mein Übermut mit einem gewaltigen Muskelkater, der mich erst einmal einen weiteren Tag am Zeltplatz festhielt. (Die Läufer kann man unter www.see-them-run.com verfolgen)

 

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Mit etwas Verspätung erreichte ich schließlich Livingstone und konnte dort die Victoria Falls bewundern. Die Wassermassen lockten mich und ich gönnte mir eine weitere Abwechslung vom Radfahren und ging einen Tag in den Fluten des Sambesi raften. Dadurch, dass der Fluss noch sehr viel Wasser führte, waren die über 15 Stromschnellen alle „relativ“ harmlos und konnten ihre Namensgebung, „Overlander Eater, The Mother und Hellsgarden“ nicht ganz erfüllen. Aber trotzdem hatte ich einen großen Spaß in den Fluten zu paddeln.

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Von den Ruhetagen gestärkt ging es wieder auf das Tandem in Richtung Botswana und Namibia. Gleich nach Livingstone wurde ich zu einer kurzen Pause gezwungen, denn vor mir beschlossen mehrere Gruppen von insgesamt über 100 Elefanten die Straße zu queren. Ich war darüber ziemlich erstaunt, denn ich befand mich in keinem Nationalpark. Später erzählte man mir, dass die Gruppe manchmal von Botswana über Simbabwe nach Sambia kommt. Dies passiere aber nur sehr selten. Aus sicherer Distanz beobachte ich die Wanderung und machte mich nach ca. einer Stunde weiter auf den Weg nach Botswana. Mit der Überquerung des Sambesis war ich nun in einer neuen Welt. Alles war auf einmal geordneter geworden, die Menschen lebten in richtigen Steinhäusern und in den Supermärkten der kleinen Stadt Kasane gab es alles, was das Herz begehrt zu kaufen. Zudem waren die Importwaren aus Südafrika und Europa zu erschwinglichen Preisen zu haben. Nur schwer konnte ich mich da beherrschen nicht zu viel zu kaufen.

Der Ort liegt am Rande des Chobe Nationalpark und so unternahm ich am Nachmittag eine kleine Bootstour auf dem Sambesi und konnte von dort aus bestens die Tierwelt im Park beobachten. Elefanten, die im Fluss schwammen, Krokodile, die in der Sonne lagen, ein Löwe, der sich ebenfalls am Ufer ausruhte und viele weitere Tiere, die zum Trinken an den Fluss kamen. Es war faszinierend, diese Tierwelt von einer solchen Nähe aus zu beobachten. Doch am Abend sollten die Tiere noch näher kommen. Gegen 22 Uhr kamen mehrere Elefanten direkt an den Zeltplatz heran und aßen sich an dem Gebüsch, keine drei Meter von meinem Zelt entfernt satt. Ich war nur getrennt von einem kleinen Elektrozaun, der aber durch den Stromausfall nicht funktionierte. Ich befolgte die Safari Ratschläge, einfach im Zelt zu bleiben und schlief schließlich trotz des lauten Raschelns bald ein.


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Die nächsten 50 Kilometer durch den Park nahmen mich Südafrikaner mit ihrem Auto mit. Es wäre wohl zu gefährlich gewesen, den Abschnitt selber fahrend zurückzulegen. In Namibia traf ich im ersten Campingplatz auf Andi und Thomas, zwei Deutsche, die mit ihrem Landrover auf dem Weg nach Windhoek waren. Sie luden mich ein, mit ihnen zwei Tage die angrenzenden Parks des Caprivi Strips zu besuchen. Dankend nahm ich an, denn für einen Radfahrer ist es unmöglich diese Parks zu besuchen. In den Parks waren wir fast alleine und konnten so ungestört die Tierwelt am Kawango beobachten. Nach dieser unerwarteten Ruhepause hieß es aber nun für mich wieder aufs Fahrrad steigen. Die 1.000 Kilometer bis Windhoek waren wohl mit die langweiligsten auf meiner bisherigen Reise. Wenn ich einmal auf der Hauptstraße war, musste ich bis zum Abend nur geradeaus fahren, kein Berg, keine Kurve, Nichts. Ich fuhr die meiste Zeit mit Kopfhörern und probierte so ein wenig Abwechslung zu bekommen. In Namibia leben nur 2 Millionen Menschen und diese konzentrieren sich auf die wenigen Städte. Dazwischen sieht man dann meist keine Menschenseele. Es war einerseits angenehm, ungestört zu fahren, aber anderseits vermisste ich auch die freudigen Zurufe der Menschen am Straßenrand. Dies hier ist nun ein ganz anderes Afrika. In den letzten Tagen, bevor ich Windhoek erreichte, bekam ich ein komisches Gefühl. Mir wurde bewusst, dass dies nun die letzten Tage meiner Reise sein werden, an denen ich alleine reisen werde. Für zwei Wochen wird mich Hans begleiten. Wir planen eine Rundreise von Windhoek an die Küste und wieder zurück. Danach wird Steven kommen. Wir sind vor vier Jahren zusammen durch Tibet gefahren und er wird mich die letzten fünf Wochen bis nach Kapstadt begleiten.

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