Bericht 6: Bar - Ohrid 25.9.07 - 29.9.07; Kilometer: 4208 - 4429;

Nach einer Unterkunft suchend fahren wir durch das kleine Städtchen Burrel in den Bergen Albaniens. Es liegt auf einer großen Flussterrasse, umgeben von über 2000 Meter hohen Bergen, als uns Musa auf Englisch anspricht. „Was sucht ihr?“ „Ein Hotel, oder eine einfache Unterkunft für eine Nacht.“ Antworten wir. „Oh, das könnte hier schwierig sein, ... aber ich habe eine Idee, folgt mir einfach!“ So schieben wir unser Tandem dem telefonierenden und organisierenden Musa hinterher. Die Gruppe von Kindern wird auch immer größer, die uns und das Gefährt bestaunend folgt. Nachdem wir ein paar Mal abgebogen sind, bleiben wir vor einem relativ neuem und schönem Haus stehen. Wir werden gleich herzlich begrüßt und die Kinder von den anwesenden Erwachsenen vertrieben. Es stellt sich heraus, dass dies wohl das einzige Hotel in der Stadt ist - umso schwieriger wird es dadurch auch bei den Preisverhandlungen für ein Zimmer. Musa ist von dem Hotel sichtlich begeistert und findet auch den Preis von 30 Euro akzeptabel. Wir finden das Hotel auch ganz in Ordnung, aber der Preis ist deutlich zu hoch. Am Ende einigen wir uns auf 25 Euro, inklusive Frühstück. Das heiße Wasser, welches uns für 24 Stunden versprochen wurde, und auch der Fernseher stellen sich als Flop heraus, denn es herrscht im Moment Stromausfall und erst mit Anbruch der Dunkelheit wird mit Strom gerechnet. Dafür lädt uns Mussa zu seiner Familie ein. Er ist Erdkundelehrer und hat sechs Jahre in England als Schreiner gearbeitet. Mit einem Glänzen in den Augen erzählt er uns von dieser Zeit. Seine Frau, die wir in seiner Wohnung kennenlernen, war von dieser Zeit nicht so begeistert, schließlich musste sie solange ihre beiden Söhne alleine in Albanien groß ziehen.

__

Um die Wohnung zu erreichen gehen wir in einen Hinterhof einer heruntergekommenen Plattenhaussiedlung und biegen in einen Hofeingang ein. Mussa warnt uns noch, dass es bei ihm zu Hause noch nicht so schön aussieht, da er dort erst vor drei Tagen eingezogen ist. Sichtlich überrascht sind wir, als wir die Wohnung betreten. Es ist alles sehr sauber, frisch gestrichen und man merkt von dem äußeren Erscheinungsbilds des Hauses nichts in der Wohnung. Freudig werden wir von seiner Frau begrüßt, zudem sind noch seine Schwester und sein Schwager zu Besuch (er ist Englisch- und Russischlehrer, spricht aber nur sehr wenig Englisch) und noch weitere Kinder der Familie. Die Frau bereitet ein paar Speisen für uns in der Küche, während Mussa uns Getränke anbietet. Es gibt Raki, wie er immer wieder betont: „Not industrial, it’s naturell!“ Sein Onkel hat den Traubenschnaps gebrannt. Er schmeckt sehr gut, ist aber sehr stark. Nach der ersten Runde ist auch das Essen fertig und es scheint uns, als hätte die Frau alles aufgetischt, was sie in der Küche gefunden hat. Hühnchen, Rindersteak, Byrek, Weintrauben, Ei und Brot. Es schmeckt sehr lecker, dazu wird mir auch immer wieder Raki gereicht. Astrid bekommt einen leichten, lieblichen Traubenwein. Wir unterhalten uns über Albanien und Deutschland und sie versuchten uns zu überreden, dass Astrid und ich unbedingt heiraten sollten. Unsere Hochzeitsreise sollte uns dann auch nach Albanien führen, in Burrel sind wir auf jeden Fall herzlich eingeladen. Zum Abschied machen wir noch ein paar Gruppenfotos und gehen zum Hotel, in der Hoffnung, dass es nun das versprochene warme Wasser gibt.

__

Von den teilweise wilden Geschichten, die wir im Vorfeld über Albanien gehört hatten, hat sich keine bewahrheitet. Die Straßen waren wesentlich besser als ihr Ruf, der Verkehr war passabel, das Leitungswasser teilweise trinkbar und ausgeraubt wurden wir auch nicht. Zudem waren wir sehr erstaunt über die Autos, die in Albanien unterwegs waren. Jedes zweite Auto war ein Merzedes und dieser kann, wie man es erwartet, ein sehr altes Modell sein, aber es fuhren auch sehr viele sehr neue Merzedes auf der Straße. Und dies bei einem monatlichen Lehrergehalt von 220 Euro. Mit ehrlicher Arbeit lässt sich so etwas in Albanien wohl kaum verdienen.

Von Lezhe aus haben wir nicht die Hauptstraße über Tirana zum Ohridsee genommen, sondern eine kleine Straße durch die Berge, vor der uns die Grenzer gewarnt hatten: "Do not go this way. It´s dangerous!" "The people?" "No the Street!" Sie stellte sich jedoch als absoluter Glücksgriff heraus. Bei nur sehr wenig Verkehr schlängelte sie sich durch die schöne Bergwelt Albaniens. Ab 2008 soll sie endgültig fertig gebaut sein und dann eignet sie sich sehr gut zum Radfahren.
__